„Ich habe mich gewundert, wie wenig Ahnung man von den Regeln hat, wenn man einfach nur Fußball spielt.“ Maria Kramer weiß wovon sie spricht. Die Hohenlockstedterin gehört zu den sechs neuen Schiedsrichter-Anwärtern des Kreisfußballverbandes, die die Abschlussprüfung mit maximaler Punktzahl bestanden haben.
Seit acht Jahren tobt die 23-Jährige ihre Leidenschaft auf dem Sportplatz aus. Meist im Tor des 1. FC Lola. Dass sie nun auch Fußballspiele leiten will, hat einen einfachen Grund. Seit gut zwei
Jahren werden Vereine mit hohen Geldstrafen und sogar Punktabzügen bestraft, wenn sie ein bestimmtes Schiedsrichterkontingent nicht nachweisen können. „Unserer Mannschaft drohten drei Punkte
Abzug, deshalb hatte ich schon im Sommer 2014 an einem Kurz-Lehrgang in Hemmingstedt teilgenommen.“ Damit habe sie dieses Unheil abgewendet. Maria Kramer übernimmt gern Verantwortung – bei ihrem
Verein als dritte Vorsitzende und im Beruf als Groß- und Außenhandelskauffrau in Elmshorn. Nun sollen auf dem Fußballplatz alle nach ihrer Pfeife tanzen.Gefallen an der Schiedsrichterei hat sie
durch ihren Freund gefunden. Der habe im vergangenen Jahr den Anwärterlehrgang gemacht und sie sei dann oft zu seinen Spielen mitgefahren. „Wir haben zusammen die Regeln gelernt. Ich war deshalb
nicht ganz unschuldig daran, dass er die Prüfung mit 60 Punkten abgeschlossen hat.“ Das sei gleichzeitig Ansporn für sie gewesen, ebenfalls die volle Punktzahl zu erreichen. „Da konnte ich
doch nicht drunter bleiben“, lächelt sie.
Nach dem Crash-Kurs im vergangenen Jahr hat Maria Kramer bereits die ersten Erfahrungen als Schiedsrichterin gesammelt – in vereinsinternen und Jugendspielen. Sie sei dort gut klar gekommen. „Die
Kinder und Jugendlichen haben meine Entscheidungen akzeptiert.“ Allerdings habe sie sich schon über Pöbeleien von Eltern am Spielfeldrand geärgert. „In meinem Alter hat man aber genug
Selbstbewusstsein und kann damit umgehen. Doch ich wundere mich nicht, wenn Jugendliche erst gar nicht Schiedsrichter werden wollen oder schnell wieder aufhören, wenn sie dermaßen angemacht
werden.“ Dieses Problem sollten die Vereine ernst nehmen und auf die Störer einwirken, die der schönsten Nebensache mit ihrem Benehmen Schaden zufügen würden. Gerade den jungen Schiris müsse man
Mut machen. „Auch für mich war es immer ein gutes Gefühl, wenn nach dem Spiel Trainer zu mir gekommen sind und meine Leistung gelobt haben, selbst wenn sie verloren hatten.“
Über ihre Zukunft als Schiedsrichterin habe sie noch nicht viel nachgedacht. „Es ist mir wichtig, erst einmal Erfahrungen zu sammeln.“ Wohin der Weg dann führen werde, sei zunächst zweitrangig.
Hauptsache es mache Spaß. „Aber wenn es sich ergibt, werde ich natürlich die Chance ergreifen auch höher zu pfeifen.“ Vorbilder für sie seien aus dem Kreisfußballverband Hanna Koch und
Tanja Petersen, die es geschafft hätten, sich für höhere Aufgaben zu qualifizieren. „Ganz oben steht für mich aber natürlich Bibiana Steinhaus als Weltschiedsrichterin des Jahres.“
Im Kreis der Schiedsrichter sei sie gut aufgenommen worden. „Ich fühle mich dort wohl, es herrscht eine angenehme Atmosphäre“, lobt sie die Kameradschaft unter den Schiris. „Ich habe bisher
viel Spaß gehabt, was ich mir vorher nicht unbedingt so vorgestellt hatte.“ Am liebsten sei sie im Kreise des B-Kaders. Einmal weil dessen Lehrabende in ihrem Heimatort Hohenlockstedt stattfinden
würden, aber vor allem auch, weil man im kleineren Kreis mehr lernen könne. „Bei Fragen wird immer gern geholfen.“ Das sei ihr wichtig.
„Fußball ist mein Leben“, sagt die Hohenlockstedterin. Sie habe auch als Kind schon immer gern dem runden Leder nachjagen wollen, „doch meine Mutter hatte es mir verboten“. Die Verletzungsgefahr
sei ihr zu groß gewesen, weil sie ja mit Jungs zusammen gespielt hätte. „Als wir vor acht Jahren eine Mädchenmannschaft aufgemacht haben, gab es dann keine Gegenargumente mehr.“ Für andere Hobbys
habe sie kaum Zeit, außer mal Musik hören oder ins Kino gehen. Mit der SG Lola spiele sie in der Kreisliga und nun kommen als Schiri-Anwärterin acht Lehrabende und zwölf Spielleitungen hinzu.
Dabei möchte Maria Kramer natürlich eine gute Figur machen. Sie will auf jeden Fall dabei bleiben, auch wenn es denn nicht mit einer Bilderbuchkarriere wie bei Bibiana Steinhaus klappt.
Beobachtungswart Reinhold John hat als Hohenlockstedter ein besonderes Auge auf die 23-Jährige geworfen. „Sie ist mit Freude dabei und damit auf einem guten Weg.“ Natürlich zähle aber in
erster Linie die Leistung. „Davon werde ich mir in den nächsten Wochen ein Bild machen“, sagt er und gibt ihr noch eine Motivationsspritze: „Weibliche Wesen haben es leichter hochzukommen als
Männer“, schmunzelt John. Der Grund sei ganz einfach: Es gebe nicht so viele Mannschaften und Ligen wie beim anderen Geschlecht. Maria habe also eine gute Chance. „Was sie daraus macht, werden
wir sehen.“
Quelle: Norddeutsche Rundschau